05 April 2016

3.4. Mon im Nagaland

3.4. Mon
6 Uhr morgens, unser Dorf erwacht durch die Hähne der verschiedenen Bauernhöfe, die nun anfangen sein Konzert zu geben. Dichte Nebelschwaden liegen über dem Tal und ziehen langsam nach oben. In unserem guesthouse regen sich die ersten Besucher und machen sich zum Frühstück fertig. Gegen 7 gehen hier die Kinder zur Schule. In manchen Häusern raucht der Schornstein. ... Wir fahren durch eine wunderschöne Berglandschaft, die leider vor vielen Jahren brandgerodet wurde, weil die lokalen Stämme damals Opium Anbauten, das die Engländer gehandelt haben. Leider wachsen die Bäume nicht mehr nach und es siedelt sich Pampasgras, Farn  und Bambus an. Wir halten an einem sehr großen Haus, das eine Art Museum mit  Masken, Statuetten, geschnitzten Türen, Tierschädeln, allerlei selbstgemachten Schmuck, Knochen, etc. ist. Das Ganze wirkt wie ein Heimat-Museum. In der Mitte ein großer Tisch. Und ebenhier sollten wir auch nach unserer Besichtigungstour zu Lunch essen. Wir hatten Eier, Kartoffeln, Wasser, Hähnchen, Gemüse und Tee. Der örtliche Stamm dieser Gegend heißt Konyak. Sie waren in früheren Zeiten Kopfjäger. Die Einwohner der benachbarten Dörfer hatten oft Krieg miteinander, bei dem es Tote gab, deren Köpfe als Trophäen mit nach Hause genommen wurden. Nach etlichen Zeremonien mit dem Shamanen wurden diese Köpfe dann an einer bestimmten Stelle ausgestellt. Seitdem die indischen Missionare hier jedoch das Christentum eingeführt haben sind die animistischen Reliquien verschwunden. Es gibt auch keinen Schamanen mehr in der Region und die Sitten und Gebräuche werden profanisiert und als eine Art Performance aufgeführt. Ein Highlight war der Besuch bei dem Stammeshäuptling der Konyak bei ihm zu Hause in einer Art Opiumhöhle. Wir lieferten zuerst unseren Obolus ab, dass wir überhaupt eintreten dürfen. Begrüßung und schon dürfen wir zuschauen, wie die alten Männer ihre Pfeife stopfen und wir begutachten die Art Stoffstreifen, die mit dem flüssigen Opium  getränkt sind. Die Männer waren alle high. Aber es war schon komisch, du gehst da rein und kannst dir das alles anschauen und wenn du willst, kannst du ohne Weiteres ein Pfeifchen mitrauchen. So einfach ist das hier. Na ja, anschließend gingen wir um die Ecke in diesem Dorf Long-wa, also auf Deutsch Lang-Dorf. Eine schmucklose Kirche steht auf dem Berg, sieht aus wie eine Scheune. Von Weitem hören wir schon einen wunderschönen Kirchenchor. Ca. 30 junge, sehr geübte Stimmen, die die schwierige Melodie halten und den Text auswendig singen. So toll, wie in Südafrika. Der sehr, sehr junge Priester wiederholt ein wunderschönes Lied immer und immer wieder mit den jungen Gläubigen, vor allen schönen jungen Mädchen ein. Und ich, als Didaktikerin, interessiere mich  ja immer, wie die das machen, WIE etwas funktioniert.  Also wie kriegen die Misionare die Animisten hier in der Gegend rum, dass sie sich zum Christentum  bekehren. Und in diesem Mement wurde mir das ganz klar, alle sind superfein angezogen, treffen sich mit einem gut aussehenden jungen Priester und kriegen von ihm herrliche Musik  vermittelt, Musik, die Sprache der Götter. Sie gehören zu einer elitären Gesellschaft. Und all das passiert hier an der Grenze von Burma und diesem Landstrich hier. Auch die Landesgrenze mit dem Grenzstein haben wir besucht, ein Bein in Burma, eins in Indien. Dann wären wir noch bei einer Familie, an deren Haus zig Tierschädeln hängen, alle zur Abwehr der bösen Geister und als Trophäe der erlegten Tiere. Ich habe mir dort eine Halskette gekauft, die der einen Bewohnerin gehört hat, also jahrelang getragen wurde. Der Staub/Dreck der Jahre haftet noch daran. Ich habe jetzt die persönliche Verbindung zu dieser Frau aus diesem Bergdorf Long-wa im Nagaland. Sehr authentisch. Und auf einem weißen T-Shirt sieht das sicherlich sehr gut aus. Auf dem Trödelmarkt vor der Opiumhöhle habe ich noch eine kleine Holzmaske erstanden. Auch sie ist irgendwie echt gelaufen, am Bärtchen aus Ziegenhaar fehlen etliche Borsten, das eine Auge ist lädiert und der Ohrring ausgerissen. Na ja für die ethnologische Sammlung daheim. Noch ein Wort zu unserem guesthouse. Es gehört einer Familie, die irgendwie mit einem hohen politischen Beamten verbunden ist. Ein großes Anwesen mit lauter verschiedenen Zimmern, alle anders, teils mit Balkon, teils mit Himmelbett, im Grunde spartanisch. Um in unser Bad zu gelangen müssen wir über so einen kleinen Balkon laufen. Nur kaltes Wasser, aber genug davon in so einer großen  Regentonne, 2 große Eimer und Schöpfkannen extra. Und sie bringen einem einen Eimer heißes Wasser auf Nachfrage. Ein Speisesaal ist aus Bambusgeflecht angebaut, ausreichend Plastikstühle und 2 Tische. Halt zweckmäßig. Plastikteller, Besteck, alles da. Das Essen ist o.k. Michi, unser Guide gibt ihnen Geld und dann kaufen Sie ein und kochen für uns. Reis, Dhal, Gemüse, Kohl, papadam dieses dünne Knusperbrot, Tee. Wenn wir nachmittags von der Tour heimkommen räumen wir die Korbmöbel aus der Rezeption auf die Veranda und lassen den Tag bei einem geschmuggelten Kingfisher passieren. Nagaland ist trocken, aber am Wegesrand wächst Marihuana. Kleiner Joint gefällig? So und Morgen ist ein neuer Tag und wie versuchen auf ein Fest in einem der umliegenden Dörfer zu kommen.

 

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